Tradition & Bedeutung
Der Vilbeler Markt - Tradition und Bedeutung
Der Bad Vilbeler Markt ist nicht nur das bedeutendste und älteste Volksfest der südlichen Wetterau sondern auch einer der traditionsreichsten Märkte. Die Vilbeler verstehen zu feiern und freuen sich alljährlich auf die vielen Besucher aus nah und fern.
Schon wenige Jahre nachdem Vilbel in 1816 zum Großherzogtum Hessen kam, erwies es sich als notwendig, dass die Märkte behördlich geregelt und genehmigt werden sollten. Durch die Erteilung des Marktprivilegs durch Großherzog Ludwig von Hessen vom 2. August 1820 und ausgefertigt durch seinen Staatsrat Wreden wurde der Markt begründet und noch im selben Monat erstmals durchgeführt.
Es war das gleiche Jahr als im Großherzogtum die Leibeigenschaft aufgehoben wurde. Erst zwei Jahre zuvor wurde Vilbel Station für die Brief- und Fahrpost auf der Strecke Frankfurt-Friedberg. Die Wiedervereinigung der beiden Vilbeler Ortsteile im Großherzogtum Hessen nach 561 Jahren Trennung war erst 4 Jahre zuvor erfolgt. Vilbel hatte damals etwa 1500 Einwohner.
Als Vorläufer des Vilbeler Markts kann man eine Vilbeler Kerb (Kirchweihfest) bezeichnen, die nachweislich am 2. Dezember 1684 anlässlich des Neubaus der Kirche abgehalten wurde. Aber auch die heutigen Stadtteile hatten als damals selbständige Gemeinden schon ihre eigene Kerb. Die Dortelweiler Kerb ist schon seit 1489 und die Gronauer Kerb seit 1569 nachzuweisen.
Das Ende des 17. Jahrhunderts war der Beginn der Hugenotteneinwanderung. 1684 lag das große weltgeschichtliche Ereignis der Belagerung Wiens durch die Türken gerade einmal ein Jahr zurück. Vilbel hatte damals knapp 800 Einwohner. Der damals noch selbständige Ortsteil Dortelweil hatte rund 300 sowie Gronau und Massenheim jeweils rund 150 Einwohner.
Die Verleihung der Marktprivilegien im Jahr 1820 war für die Stadt ein bedeutsames Ereignis. Eine Abordnung Vilbeler Bürger fuhr deshalb mit einer gemieteten Chaise zur Abholung der Urkunde nach Darmstadt. Aus der Gemeinderechnung geht hervor, dass für die Fahrt Gebühren von 48 Gulden und für die Ausstellung der Urkunde vom Ministerium 32 Gulden aufgewendet wurden. Die Gemeindeverwaltung unternahm große Anstrengungen, dem Markt schnell große Popularität zu verschaffen. In 4 verschiedenen Zeitungen wurden 12 Anzeigen geschaltet und die Verleihungsurkunde wurde nachgedruckt und verbreitet. Am Marktplatz vor dem historischen Rathaus, wo viele Jahre der Vilbeler Markt in der Folge abgehalten wurde, ließ die Gemeinde durch die Zimmermeister Klöß und Breither Hütten und „Böcke" zu Ausstellungszwecken errichten.
Aus Mitteilungen von G. W. J. Wagner aus dem Jahr 1831 geht hervor, dass neben dem alljährlich stattfindenden Marktfest jeden Freitag ein Viehmarkt stattfand.
Vilbel hatte in der Folgezeit ein große Bedeutung in der Region. Von 1821 bis 1852 hatte Vilbel sogar ein Landratsamt. Auch der Vilbeler Markt war erfolgreich. Eine Gemeindeakte aus dieser Zeit belegt, dass beim Viehmarkt in 1926 alleine 26 Pferde verkauft wurden.
Aber schon vierzehn Jahre nach der Verleihung der Marktrechte (1834) stellte der Vilbeler Gemeindevorstand den Antrag, den Markt wieder abzuschaffen und dafür am 12. Oktober das alte Kirchweihfest wieder veranstalten zu dürfen. Der Antrag wurde damit begründet, dass der Verkehr am Marktplatz durch die Zelte und Buden stark erschwert wurde. Dem Gesuch wurde stattgegeben.
Schon 11 Jahre später (1845) stellte aber die Gemeinde beim Landrat den Antrag auf Wiedereinführung des Markts. In dem Gesuch hierzu wurde auf die bereits erkennbaren Verluste durch die Verlegung des Vilbeler Hauptzollamts nach Frankfurt und auf die erwarteten Verluste durch die neue Eisenbahn hingewiesen. Mit dem neuen Transportmittel verlor Vilbel seine wichtige Bedeutung als Umspann- und Übernachtungsstation für die Reisenden auf ihrem Weg von und nach Frankfurt. Aber auch sonst war die wirtschaftliche Situation insgesamt schwierig und der Gemeindevorstand erhoffte sich einen Impuls durch die Wiedereinführung des Markts. Dem Gesuch von Bürgermeister und Gemeinderäten wurde stattgegeben und bereits im August konnte der Vilbeler Markt wieder stattfinden.
Mit der 1850 eröffneten Eisenbahnlinie Frankfurt-Vilbel-Friedberg erhielt Vilbel seinen ersten Bahnhof (heute Bad Vilbel Süd). In dieser Zeit hatte Vilbel eine starke Aufwärtsentwicklung, wurde 1852 Kreisstadt und erhielt ein Stadtwappen. Am 1. August des gleichen Jahres erschien „Das Amtsblatt", die erste Zeitung für den Kreis Vilbel, aus dem ab 1870 der „Vilbeler Anzeiger" wurde. Im Jahr 1853 wurde Vilbel sogar Sitz eine Landgerichts.
In alten Aufzeichnungen kann man nachlesen, dass in der Gemeinderatssitzung vom 30. Juli 1845 beschlossen wurde, zukünftig im Frühjahr und im Herbst einen Markt durchzuführen. Die zukünftige Organisation des Marktes wurde ausführlich geregelt. So wurde zum Beispiel zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Aufsicht eine Sicherheitswache von 12 Mann und eine Mannschaft aus 30 Bürgern mit drei Führern bestimmt. Diese Maßnahme hing vermutlich mit den damaligen politischen Unruhen zusammen.
Der Bürgermeister zeigte die Abhaltung eines Vieh- und Krämermarkts am Dienstag und Mittwoch, dem 19. und 20. August, an. Die Gemeinde stiftete Geldprämien in Höhe von 1 Gulden und 45 Kronen für den ersten Verkaufsabschluss auf dem Viehmarkt, für das schwerste Pferd und das schwerste Rind. Schon damals gehörten ein Festzug, Gesangsdarbietungen und Prämierungen zum Festprogramm. Auch für die Unterhaltung der Kinder war gesorgt. Sie erhielten Preise für ihre Leistungen am Kletterbaum.
Zur besseren Durchführung wurden drei Gemeinderäte als Hilfe für den Bürgermeister bestimmt. Diese sollten insbesondere bei der Protokollführung am Viehmarkt helfen. Drei weitere Gemeinderäte übernahmen die Prämien- und Preisverleihung. Jeweils zwei Gemeinderäte waren mit der Erhebung der Standgelder und der Ausgabe der gemeindeeigenen Geräte beschäftigt. Wie man daraus erkennen kann hatte der Vilbeler Markt schon damals einen erheblichen Umfang und eine Bedeutung weit über die Gemeindegrenzen hinaus.
Der Hauptmarkttag war der Dienstag und an diesem Tag fand auch der Festzug statt. Dieser Tag war aber so verregnet, dass die Besucher ausblieben und die Wirte sich in den Ort zurückzogen. Die Gemeinde stellte deshalb einen Antrag zur Abhaltung eines Nachmarkts am darauf folgenden Sonntag. Dann könnten die Vorräte noch aufgebraucht und die Verluste der Wirte verringert werden. Diese Einrichtung wurde von 1863 an ständig beibehalten. Der „Nachmarkt" war geboren und auch heute noch nennt man bei den alten Vilbelern das zweite Markt-Wochenende den „Nachmarkt".
Der Vilbeler Markt wurde immer weiterentwickelt. So wurde 1852 ein Fruchtmarkt für Getreidefrüchte eingerichtet. Im Jahr 1858 wurden die Termine für die beiden Vieh- und Krämermärkte neu festgelegt. Der Frühjahrsmarkt wurde am letzten Dienstag und Mittwoch im März abgehalten. Der Herbstmarkt fand am Dienstag und Mittwoch nach dem Ludwigstag im August statt. Im Namenstagskalender findet man diesen Namen noch heute am 25. August.
Vom Großherzoglichen Kreisamt Vilbel wurden auf Antrag des Gemeinderats die Standgelder neu festgelegt. Die Tagesgelder betrugen damals 30 Kronen für ein Wirtszelt mit Tanzmusik, 20 Kronen für ein Karussell, je 12 Kronen für ein Wirtszelt ohne Tanzmusik, einen Zapfstand oder einen Metzgerladen, 10 Kronen für eine Schaubude oder einen Schießstand, 6 Kronen für eine Kaffeeschänke und 4 Kronen für einen Krämerstand. 60 Kronen waren ein Gulden und eine Kuh kostete damals etwa 20 Gulden. Diese Standgelder beschreiben aber auch sehr anschaulich die Struktur des damaligen Vilbeler Markts. Auch in dieser Hinsicht ist der heutige Vilbeler Markt ein echtes Traditionsfest.
Das Vilbeler Kreisamt schrieb 1861 an die Gemeinde, dass der Vilbeler Markt in seiner Struktur ähnlich der früheren Kirchweih immer mehr ein Volksfest sei und empfahl die Verlegung von Dienstag und Mittwoch auf Sonntag und Montag. Gleichzeitig wurde von der Behörde die „Feierabendstunde" für die Markttage verlängert. Auch heute noch sind die Wochenende Schwerpunkte des Volksfest und die Sperrzeiten zum Bad Vilbeler Markt werden aus diesem Anlass verlegt und am Samstag sogar aufgehoben.
Im folgenden Jahr (1862) wurde der Frühjahrsmarkt aufgehoben und der Vilbeler Markt wurde alljährlich nur noch im August abgehalten. Zur gleichen Zeit wurde der Markt wegen der Verkehrsbehinderung rund ums alte Rathaus in den damaligen „Riedweg" verlegt, der heute „Feststraße" heißt.
Wegen der ständigen Erweiterungen wurde der Vilbeler Markt schon bald auf die städtische Bleiche (Gelände vor dem jetzigen Kurhaus zwischen Parkstraße und Nidda) verlegt. Aber nach dem Bau des Kurhauses und der Anlage eines Parks musste der Marktplatz erneut verlegt werden auf das heutige Sportfeld an der Nidda hinter der Bahnlinie.
Der Vilbeler Markt im Jahr 1865 wurde zu einem sehr bedeutenden Ereignis. 16 Wirte und Kaffeeschänken bewirteten die Gäste. Am Marktdienstag wurde ein Festzug veranstaltet, bei dem viele Vilbeler Vereine, vor allem Musik- und Gesangvereine, mitwirkten. Für die Prämierungen am Viehmarkt wurden viele attraktive Preise gestiftet: jeweils 50 Gulden von der Stadt und Dr. Berna und 30 Gulden vom Landwirtschaftlichen Bezirksverein, wie das überlieferte Programm des Viehmarkts und der Prämienverleihung belegen. Das große Ereignis spiegelt sich auch im Verkauf von über 4800 Marktlosen und der Anzahl von über 110 Gewinnern wider.
Diese Zeit brachte aber auch andere wichtige Veränderungen für die Gemeinde Vilbel. So wurde im gleichen Jahr die Fahrpost Vilbel-Heldenbergen eingerichtet. Ein Jahr später (1866) wurde Dortelweil, das bis dahin der Reichsstadt Frankfurt gehörte, und Massenheim von der Grafschaft Hanau dem Großherzogtum Hessen zugeordnet.
Nach jahrelangen Verhandlungen der Stadt Vilbel mit dem Großherzoglichen Kreisamt Vilbel wurde am 29.Juli 1867 eine neue Marktordnung für die Kreisstadt Vilbel erlassen. Sie bestimmt die örtliche Lage des Marktes auf der Bleiche und des Viehmarkts am Riedweg (heute Feststraße). Auch die Aufstellung der Wirtszelte, Verkaufsstände, Karussells, Schießstände, sowie das zu entrichtende Stand- und Auftriebsgeld für das Vieh, die Pflichten und die Vergütung des Marktmeisters und dessen Gehilfen werden geregelt. Die Markttage werden auf Dienstag (Vieh- und Krämermarkt) und Mittwoch (Krämermarkt) vor dem Ludwigstag und den 3. Sonntag und Montag im August für das Volksfest festgelegt.
Auch die einheimischen Geschäftsleute beteiligten sich damals am Vilbeler Markt. Die Teilnahme regelte die neue Ordnung wie folgt: „Die einheimischen Geschäftsleute losen unter sich und werden hiernach von dem Marktmeister in das Marktregister eingetragen, während die Fremden auf dem Markte im Beisein des Marktmeisters losen und ebenfalls in das Marktregister eingetragen werden."
Die Entlohnung des Marktmeisters war auch für unsere heutige Sicht sehr modern, nämlich erfolgsabhängig: „Das Standgeld fließt zur Hälfte in die Gemeindekasse und zur Hälfte beziehen es der Marktmeister mit dem ihm beigegebenen Gemeinderatsmitglied und dem Marktpolizeipersonal für ihre besondere Mühewaltung."
Der Schweinehandel hatte in dieser Zeit eine große Bedeutung. Deshalb veranlassten 1868 die Vilbeler Schweinehändler die Gemeinde, beim Kreisamt eine Genehmigung für das Abhalten eines monatlichen Schweinemarkts zu beantragen. Die kleine Gasse hinter dem Rathaus hieß im Volksmund aus diesem Grund „Säugass".
Immer wieder einmal musste auch der Vilbeler Markt wegen widriger Umstände ausfallen. Im Jahr 1870 war es der deutsch-französische Krieg, der den Vilbelern das Feiern verleidete und der 1871 mit dem Versailler Friedensvertrag beendet wurde. Das Deutschen Kaiserreichs wurde gegründet. Auch ein anderes Ereignis machte Geschichte: 1870 fand der Millionär und Amateurarchäologe Heinrich Schliemann die Ruinen der antiken Stadt Troja.
Nach dem deutsch-französischen Krieg und dem Friedensvertrag von Versailles im Februar 1871 wurde der Vilbeler Markt zusammen mit einem landwirtschaftlichen Fest wieder abgehalten. Für den 2. August hatte das „Fest-Comité" zu einem Festzug mit 30 Abteilungen eingeladen. Einem Bericht aus dem „Vilbeler Anzeiger" kann man entnehmen, wie schon damals die Fernmeldetechnik entwickelt war: „Dieser Toast auf seine königliche Hoheit den Großherzog wurde Höchstdemselben durch ein Telegramm mitgeteilt und eine Stunde später erschien die Antwort auf telegrafischem Weg..."
In den Folgejahren war nichts außergewöhnliches vom Vilbeler Markt zu berichten, außer dass das Kreisamt Friedberg im Jahr 1876 drei weitere Gendarme zur Aufrechterhaltung der Ordnung zum Markt beordert hatte.
Erst 1893 wurde wieder viel über den Vilbeler Markt berichtet. Ein plötzlicher Gewittersturm überraschte die Marktbesucher. Der Festplatz war voller Menschen als der Sturm mit rasender Geschwindigkeit herbeizog. Den größten Schaden nahm ein Karussellbesitzer. Der Sturm riss das Leinwandtuch herunter, zerfetzte es und wehte es in die Nidda. Viele Zelte und Schaubuden wurden umgeworfen. Die Besucher flüchteten über einen schmalen Holzsteg oder durchwateten die Nidda.
In den folgenden Jahren verlief der Vilbeler Markt wieder in gewohnter Weise ruhiger. Wichtige Veränderungen gab es aber an anderer Stelle in Vilbel. In den Jahren 1884 und 1885 wurde ein eigenes Krankenhaus mit 28 Betten errichtet. 1889 wurde die Städtische Höhere Bürgerschule gegründet. Später hieß sie Realschule und war die Vorläuferin des heutigen Georg-Büchner-Gymnasiums.
Aus den Jahren 1897 und 1898 stammt ein Aufstellungsplan des Vilbeler Markts, den der Heimatforscher Heinrich Martini angefertigt hat und der bis zum Ersten Weltkrieg beibehalten wurde.
Ein Bericht im „Bad Vilbeler Anzeiger" vom 28. August 1900 lässt erkennen, welche große Bedeutung der Vilbeler Viehmarkt angenommen hatte. Es waren aufgetrieben: 109 Stück Rindvieh und 292 Schweine. Es wurden viele Prämien an Züchter und Händler aus Vilbel und der Umgebung bezahlt.
Ein anderes Ereignis im Jahr 1900 hat die weitere Entwicklung Vilbels maßgeblich beeinflusst. Carl Brod bohrte eine kohlesäurehaltige Mineralquelle und die Badekuren konnten beginnen. Bad Vilbel hatte zu dieser Zeit 4332 Einwohner ( Dortelweil 646, Gronau 514, Massenheim 337).
Die zentrale Versorgung von Vilbel mit Wasser war 1902 abgeschlossen. So konnte bereits im Jahr 1904 auch zum Marktgelände eine Wasserleitung gezogen werden. Die Besucherzahlen beim Vilbeler Markt nahmen ständig zu und immer mehr Besucher kamen auch aus der Umgebung Vilbels. Deshalb wurden von der Königlichen Eisenbahndirektion Frankfurt alljährlich Sonderzüge zum Vilbeler Markt eingesetzt. Ein weiterer Beleg für die Entwicklung des Markts ist auch ein Versteigerungsprotokoll aus dem Jahr 1905 mit 25 Aussteller-Unterschriften.
Der Vilbeler Nordbahnhof wurde 1907 gebaut und erreichte große Bedeutung. Bis zum heutigen Tag ist der Bahnhof der bedeutendste Verkehrsknotenpunkt von Bad Vilbel für den Schienen- und Busverkehr.
Der Vilbeler Schuhmacher Philipp Ohly kaufte sich ein Karussell und war damit schon 1903 auf dem Vilbeler Markt. Das Karussell wurde zunächst von kräftigen jungen Männern mit Muskelkraft und später von Pferden angetrieben, die in Schicht arbeiteten. Die Ohlys reisten durchs Land und waren über Generationen immer auf dem Vilbeler Markt mit ihrem prunkvollen 2-stöckigen Karussell dabei. Wenn das Karussell nach den Wintermonaten zum Probelauf wieder aufgebaut wurde, freuten sich die Vilbeler Kinder schon Wochen lang vorher auf dieses Frühlingsfest.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten die Ohlys einen großen Kettenflieger auf dem Lagerplatz der Schreinerei Ochs. Vilbeler Handwerker und Nachbarn halfen dabei, und im Vorübergehen konnten die Bevölkerung den Fortgang der Arbeiten betrachten und sich auf die Probefahrt freuen. Bis in die 50er Jahre gehörte die Schaustellerfamilie Ohly aus Bad Vilbel alljährlich zu den Attraktionen auf dem Vilbeler Markt.
Das erste Auto-Karussell wurde 1909 auf dem Vilbeler Markt aufgebaut und ein Jahr später war das Auto-Korso der Langenselbolder Schaustellerfirma Einschütz ein Anziehungspunkt auf dem Markt.
Den Fortschritt der Zeit zeigten auch Errungenschaften in Vilbel. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft errichteten von 1908 bis 1910 die ersten 11 Häuser mit jeweils 2 Wohnungen. Im Jahr 1912 wurde die Stadt an das Gasversorgungsnetz von Frankfurt angeschlossen.
Der Erste Weltkrieg brach 1914 aus und dauerte bis 1918. An den Kriegsfolgen starben über 3 Prozent der Einwohner. Das war keine Zeit für Volksfeste und Märkte. Erst 1920 fand wieder ein Vilbeler Markt statt. Die wirtschaftliche Not war aber so groß, dass man das 100jährige Marktjubiläum nicht feiern konnte und das Fest erst 5 Jahre später nachholte.
Die Folgen des Kriegs waren aber immer noch gegenwärtig. Die südliche Wetterau und damit auch Vilbel wurden 1920 als Vergeltungsmaßnahme für einen Putsch im Ruhrgebiet 43 Tage lang von französischen Truppen besetzt.
Trotz des ersten Weltkriegs wurde 1916 und 1917 ein Krämer- und Viehmarkt abgehalten. 1919 beantragte der Vilbeler Gastwirt von „Pfau", den Vilbeler Markt wieder durchzuführen. Der Gemeinderat lehnt aber ab und empfahl, sich auf den Markt im folgenden Jahr vorzubereiten. Statt dessen wurden in einigen Gastwirtschaften Tanzveranstaltungen mit Zustimmung des Gemeinderats durchgeführt. Im Jahr 1920 fand dann der Vilbeler Markt wieder im großen Stil mit 4 Zelten und einem Viehmarkt statt.
Im Jahr 1925 wurde das 100järige Bestehen des Vilbeler Markts mit 5 Jahren Verspätung mit einem glanzvollen Programm nachgefeiert. Die Zeitungen berichteten von 30.000 Besuchern. Schon am Samstagabend begann das Fest mit einem Fackelzug durch die Straßen der Stadt und die Überreichung der Markturkunde an den Bürgermeister wurde nachgespielt. Am Sonntag folgte ein großer historischer Festzug mit Bildern aus der Geschichte Vilbels. 35 Gruppen beteiligten sich an diesem Ereignis. Am Marktsonntag wurde ein Feuerwerk an der Eisenbahnbrücke abgebrannt. Auch am Montag feierte man mit einem Kinderfest und Volksspielen weiter. Am Dienstag fand der traditionelle Viehmarkt statt. Der Jubiläums-Markt wurde am nächsten Sonntag mit dem „Nachmarkt" beendet.
Ganz anders als heute, wo man einen gewissen Standart und viel Komfort in den Festzelten erwartet, waren die früheren Festwirte Vilbeler Gaststätten und die Zelte wurden zum Teil mit einfachen Mitteln, wie Bohnenstangen, errichtet. In der Festschrift zum Vilbeler Markt 1925 empfehlen sich 8 Festwirte aus Vilbel.
Zwei Jahre später (1927) wurden die Omnibuslinien Vilbel-Frankfurt und Vilbel-Offenbach eröffnet. Der Bau des Volkshauses, des heutigen Kurhauses, wurde 1928 mit großer Begeisterung begonnen. Viele tausend freiwillige Arbeitsstunden wurden von Handwerkern und Helfern geleistet. 1930 wurde mit der Kanalisation in Vilbel begonnen.
Seit 1934 wurde der Vilbeler Markt schon ab Samstag gefeiert. Offizieller Marktbeginn ist seitdem der Samstag vor dem dritten Sonntag im August. Die in diesem Jahr neu angeschaffte Marktfahne (blaue Standarte mit Stadtwappen in der Mitte) weht auch heute noch an den Markttagen.
1939 fand der Vilbeler Markt noch einmal statt, obwohl der Zweite Weltkrieg bereits am 1. September begonnen hatte. In den Jahren von 1940 bis 1948 fiel der Vilbeler Markt wegen des zweiten Weltkriegs (1939 bis 1945) und der schwierigen Zeit direkt nach dem Krieg wieder aus. In dieser Zeit wurden 12 Prozent des Wohnraums in Vilbel zerstört und 7 Prozent seiner Bevölkerung kamen ums Leben.
Mit der Besiedlung des heutigen Stadtteils Heilsberg, einem ehemaligen Truppenübungsplatz, wurde 1947 begonnen. Der Stadt Vilbel wurde 1948 die Bezeichnung „Bad" verliehen.
Erst 1949 begann man wieder, die traditionellen Vilbeler Märkte zu feiern. Wie schon im Ersten Weltkrieg hat man auch diesmal einen Jubiläumsmarkt verschoben und den 125-jährigen Markt 5 Jahre nach dem eigentlichen Jubiläum in 1945 erst im Jahr 1950 nachgefeiert.
Es wurde ein großes Fest, bei dem wieder in Erinnerung an die Verleihung der Marktrechte die Urkunde feierlich übergeben wurde. Ein Fackelzug führte von der Ritterstraße bis zum Festplatz. In einem Festspiel wurden Bilder aus der Vergangenheit Bad Vilbels dargestellt. Themen in dem von Heinrich Martini (Texte und Gestaltung) und von Jean Gabrian (Musik) betreuten Festspiel waren u. a. die Germanenzeit, der in Bad Vilbel gefundene römische Mosaikboden, der Ursprung des Namens „Vilbel" aus dem Jahr 774, der letzte Raubritter, der Dreißigjährige Krieg, Modenschau über 2000 Jahre, das Vilbeler Wasser und selbstverständlich auch die Verleihung der Marktrechte im Jahr 1820. Am Sonntag zog ein großer Festzug mit 47 Gruppen, meist örtliche Vereine, durch die Innenstadt.
Wie noch heute, waren auch damals am folgenden Dienstag der „Viehmarkt" und am darauf folgenden Sonntag der „Nachmarkt" mit einem großen Feuerwerk Höhepunkte des Marktgeschehens. Aus dem einstigen Viehmarkt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eine Tierschau mit Prämiierung. Im Beiprogramm wurden landwirtschaftliche Maschinen ausgestellt.
Ab 1950 wurde der Vilbeler Markt vom Sportplatz neben der Bahnlinie auf das auf 20 000 Quadratmeter erweiterte Gelände hinter dem Freibad verlegt. Jetzt konnte der frühere Sportplatz zum modernen Nidda-Sportfeld umgebaut werden, das 1954 seiner Bestimmung übergeben wurde. Das 150jährige Bestehen des Vilbeler Marktes konnte - diesmal ohne zeitliche Verschiebung - 1970 gefeiert werden. Der Stadtchronist Willi Giegerich veröffentlichte dazu erstmals einen chronologischen Überblick über die Geschichte des Vilbeler Markts in einem Sonderdruck der „Bad Vilbeler Heimatblätter", die einige Jahre als Beilage zum „Bad Vilbeler Anzeiger" erschienen.
Zur 1200-Jahr-Feier von Bad Vilbel sollte der Bad Vilbeler Markt 1974 eine ganz besonders eindrucksvolle Festveranstaltung werden. Auftakt war die Einweihung der neuen Sporthalle. In einem Festakt im Kurhaus erhielt die Stadt aus den Händen des Hessischen Ministerpräsidenten die Freiherr vom Stein-Plakette. Im Festzelt wurde der Markt mit einem Spielmannszug feierlich eröffnet. Unvergesslich bleibt auch der Fußmarsch der Langstreckenwanderer aus der holländischen Partnerstadt Huizen, die einen 400 Kilometer-Marsch hinter sich hatten. 2000 Brieftauben starteten in alle Richtungen und die Holländer brachten 100 Kilo Käse mit.
Der Vilbeler Markt wurde immer größer, bekannter und beliebter. Aber auch die Ansprüche der Besucher wuchsen und man fand einen geeigneten Platz an der Straße zum Stadtteil Gronau (zwischen Heinrich-Heine-Straße und Büdinger Straße), den man befestigte und dort erstmals 1977 den Bad Vilbeler Markt durchführte. Dieser Platz bietet auch noch heute den Vorteil, dass er zentral liegt, ihn auch bei regnerischem Wetter benutzen kann und genügend Parkflächen für die Marktbesucher angeboten werden können, die mit dem eigenen Fahrzeug das Fest besuchen wollen.
Wenn im diesem Jahr zur gewohnten Zeit am Samstag vor dem dritten Sonntag im August die Marktfahne wieder hochgezogen wird, dann freuen sich groß und klein in der Stadt auf ein schönes Fest, das wieder allen viel zu bieten hat. Mit einem Festzug und dem Fassanstich durch den Bürgermeister im Festzelt wird der Bad Vilbeler Markt offiziell eröffnet. An zwei Wochenenden und auch an den Tagen dazwischen ziehen die Bad Vilbeler Bürger zum Festplatz und treffen dort auch wieder viele Besucher aus nah und fern.
Am Marktdienstag findet wieder die Bezirkstierschau mit Pferden, Rindern, Schafen und Ziegen statt. Ein Anziehungspunkt im Beiprogramm ist sicher wieder die Teilnahme des Kleintierzuchtvereins.
Der Vilbeler Markt hat in vielen Jahrzehnten nicht an Beliebtheit eingebüßt und sich immer mit der Zeit weiterentwickelt. Marktorganisatorin Stefanie Kunert ist für die Planung und Durchführung verantwortlich und wird von ihren technischen Marktmeistern Jens Gonera und Thomas Juszczak unterstützt.